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Präsident Barack Obama - im Bild im Fond seines Cadillac am Telefon mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai - macht derzeit eine gute Figur im Vergleich mit seinen potenziellen republikanischen Herausforderern.

Foto: The White House, Pete Souza/AP/dapd

Der Präsident hat die Kulisse gewechselt, passend zum neuen Optimismus im Land, passend zu seiner Agenda. Normalerweise sitzt er vor schweren Möbeln im Oval Office, wenn er seine wöchentliche Videoansprache hält. Diesmal redet er im grauen Hightech-Ambiente einer Maschinenhalle. Er wirkt tatsächlich ein bisschen wie Mr. Spock, jener kühle Star-Trek-Captain mit den großen Ohren, mit dem Karikaturisten Barack Obama gern vergleichen.

Die Fabrik in Petersburg, Virginia, produziert Teile für Flugzeugmotoren. Sie hat gut einhundert neue Leute eingestellt, weil sich die Auftragslage sprunghaft verbessert. Obama spricht von Solarenergie und Windkraft, von Biodiesel und Benzinsparen. Er spricht von besseren Verbrauchswerten für Automobile, die er energisch durchsetzen wolle und denen seine konservativen Widersacher nur ihr ewig gleiches Mantra entgegenzusetzen hätten: Bohren. Öl fördern, statt technologische Erneuerung. Er klingt wie der Vorsitzende eines Wissenschaftsrats, der die populistischen Parolen des Stammtischs mit nüchterner Prosa zerpflückt. Professor Obama, der Aufgeklärte.

Kein Zweifel, es läuft gerade ganz gut für ihn. Während Mitt Romney, bei der Wahl im November sein wahrscheinlicher Rivale, nach rechts driftet, um dem erzkonservativen Konkurrenten Rick Santorum das Wasser abzugraben, kann der Präsident in der Mitte punkten. Seine Sympathiewerte sind zwar nicht berauschend, aber klar besser als noch im Sommer. Der wichtigste Grund dafür: Die amerikanische Wirtschaft hat offenbar die Wende geschafft.

Zwar verharrt die Arbeitslosigkeit bei 8,3 Prozent, weit über dem langjährigen Durchschnitt, aber nur, weil sich Menschen, die die Suche bereits aufgegeben hatten, wieder zurückmelden bei den Arbeitsämtern. Seit die Rezession vor knapp drei Jahren ihren Tiefpunkt erreichte, sind vier Millionen neue Jobs entstanden, 227.000 allein im Februar. Setzt sich der positive Trend fort, hat Obama die besseren Argumente auf seiner Seite. Dem Geschäftsmann Romney dürfte es zusehends schwerer fallen, seinen wichtigsten Trumpf auszuspielen, seine Wirtschaftskompetenz, die Fähigkeit, marode Unternehmen zu sanieren.

Noch etwas hat sich Obama zu Herzen genommen. Seinen Landsleuten steht der Sinn nicht nach kühnen Reformen, nach einem zweiten "New Deal" à la Franklin D. Roosevelt. Deshalb sagt er neuerdings Sätze, wie sie auch von einem Republikaner alter Schule stammen könnten. Etwa, wenn er Abraham Lincoln mit den Worten zitiert, die Regierung sollte "nur das tun, was die Menschen allein nicht besser tun könnten, und keinesfalls mehr". In Detroit allerdings kann er Romney mit einer Erfolgsgeschichte über den handelnden Staat ausstechen. Romney wollte General Motors und Chrysler bankrottgehen lassen. Obama bewahrte die angeschlagenen Autobauer auf Kosten des Steuerzahlers vor der Pleite, beide schreiben wieder schwarze Zahlen, sodass sich selbst Skeptikern der Sinn der Rettungsaktion erschließt. Von Detroit dürfte im Herbst noch öfter die Rede sein.

Ist das Rennen damit schon gelaufen? George Will, so etwas wie der Grandseigneur unter Amerikas konservativen Kolumnisten, empfiehlt den Republikanern bereits, das Präsidentschaftsvotum zu vergessen und sich ganz auf die Parlamentswahl zu konzentrieren. "Beide, sowohl Romney als auch Santorum, scheinen chancenlos", schreibt Will in der "Washington Post". Paul Begala, ein Stratege der Demokraten, sieht es anders. Zum einen, prophezeit er, werden sich die zerstrittenen Republikaner zusammenraufen, sobald sie ihre Vorwahlen hinter sich haben. Die Gegnerschaft zu Obama, den manche in ihren Reihen geradezu hassen, werde sich als starker Kitt erweisen. Zum anderen gebe es Unwägbarkeiten, die von einem Tag auf den anderen alles umstülpen könnten.

Größte Unbekannte ist der Nahe und Mittlere Osten. Sollte Israel die Nuklearanlagen Irans angreifen, würden die USA in den Konflikt hineingezogen. Eine Welle von Terroranschlägen wäre die mögliche Folge, der aufkeimende Optimismus der Amerikaner drohte einem Bedrohungsgefühl wie nach 9/11 Platz zu machen. Und: Eine Militäraktion in Nahost ließe den Ölpreis auf Rekordhöhen steigen, was die Konjunktur gefährden würde. Offen bleibt auch, ob der Bürgerkrieg in Syrien die USA über kurz oder lang zum Eingreifen zwingt. In Afghanistan droht der Amoklauf eines GIs einen geordneten Abzug zu verhindern. Noch ist es das Thema Wirtschaft, das dem Duell ums Weiße Haus seinen Stempel aufdrückt. Niemand kann sagen, ob sich die Prioritäten bis November nicht spürbar verschieben. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, 13.3.2012)